CHRONIK

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Wappenschild

Wenn der Schützenverein auf das Jahr 1595  zurückblickt, dann bezieht er sich dabei auf eine eher unauffällige kleine Königsplakette in Form eines Wappenschildes. Neben einer Hausmarke zeigt sie die Initialen „CS“ und die Jahreszahl „Anno 1595“. Damit ist sie das älteste Zeugnis für Schützen in Vreden. Man darf aber annehmen, dass es Schützen bereits geraume Zeit vor 1595 gab.

2

16. Jahrhundert

Bemerkenswert ist, dass es neben diesem ersten Königsschildchen drei weitere Objekte gibt, die aufgrund ihrer Machart ebenfalls in das späte 16. Jahrhundert gehören könnten. Zum einen handelt es sich um einen wie die Königsplakette von 1595 tartschenförmigen Schild, der auf der Vorderseite die silbervergoldete Figur des Vredener Kirchenpatrons zeigt, des Hl. Georg. Der Schützenverein trägt also nicht ohne Grund den Namen „Allgemeiner Bürgerschützenverein St. Georg Vreden e. V.“. Das zweite Stück ist ein runder Brustschild mit Beschlagwerkornament im Stil der Spätrenaissance und der Inschrift „DIT WAPEN HEBEN GEVEN DE GEMENEN SCHVTEN TO VRE(DEN)“. In der Mitte zeigt er einen auf einer Stange sitzenden Papagei, auf den damals beim Vogelschießen geschossen wurde. Daran angehängt ist ein kleiner silberner Papagei, der ein Gewehr in der rechten Klaue hält. Wenn diese drei Dinge tatsächlich alle etwa gleichzeitig sind, sind sie möglicherweise Indizien dafür, dass 1595 wegen des damals immer wieder auf das Münsterland über- greifenden Achtzigjährigen Spanisch-Niederländischen Krieges das Schützenwesen in Vreden reorganisiert wurde.

3

Vredener Silberschmiede

Aus den folgenden Jahrzehnten und Jahrhunderten haben sich verschiedene, teils kunstvolle Königsschildchen erhalten. Viele von ihnen wurden von den Vredener Silberschmieden Cornelius, Bernhard und Gerhard Reckers, später auch von Johann Joseph Terhalle und Edmund Vethacke geschaffen. Sie zeigen ebenso wie die schriftlichen Unterlagen, dass damals nur in unregelmäßigen Abständen von manchmal mehreren Jahren Schützenfeste gefeiert wurden. Andererseits liegen aus verschiedenen Jahren, so zum Beispiel von 1628 und 1630, je zwei unterschiedliche Königsschildchen vor. Das hängt wahrscheinlich damit zusammen, dass es neben den Bürgerschützen noch eine Junggesellenkompanie gab, die ein eigenes Schützenfest feierte.

4

Blütezeit in Vreden

Im frühen 19. Jahrhundert löste sich die Junggesel-
lenkompanie auf. 1830 wurde sie aber erneuert, und seitdem feierten Junggesellen und Bürger abwechselnd ihre Schützenfeste. Seit 1890/92 mussten sich die beiden Vereine außerdem mit dem 1872 gegründeten, aber erst seit 1892 aktiven Kriegerverein abwechseln, der in den Jahren zwischen den Schützenfesten ein Kriegerfest organisierte. Seit der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert hatte Vreden dank der Industrialisierung eine Blütezeit erlebt. Sie führte zu einem Bevölkerungswachstum, das sich nach einer kurzen Unterbrechung durch den Ersten Weltkrieg in den 1920er Jahren fortsetzte.

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Schützenverein Feldmark

Deswegen wuchs die Stadt durch neue Siedlungen entlang der Ausfallstraßen über die Altstadt innerhalb des Butenwalls hinaus. Für diesen Bereich wurde 1922 der Schützenverein
Feldmark gegründet. Vredens Wachstum schlug sich also in der Gründung eines neuen Schützenvereins nieder.

6

Fusion der drei Vereine

Ein langes Bestehen war ihm jedoch nicht vergönnt. Am 3. Mai 1936 schlossen sich die drei Vredener Schützenvereine zum Allgemeinen Bürgerschützenverein Vreden zusammen. Das geschah nicht ohne Druck der NSDAP. Ihr Machtanspruch erstreckte sich auch auf die Schützenvereine, und wie überall wurde der Vredener ebenfalls nach dem Führerprinzip neu strukturiert. Nach 1936 konnte der Verein noch einmal 1938 Schützenfest feiern, bevor 1939 mit dem Zweiten Weltkrieg ein ‚Schützenfest‘ ganz anderer Art begann. Seine lange nachwirkenden Folgen spricht das Königsschildchen von 1950 deutlich an: Tod und Zerstörung! Angesichts von Not und Elend der Nachkriegszeit war es kein Wunder, dass erst in diesem Jahr wieder ein Schützenfest gefeiert wurde. Zukunftsweisend war der seinerzeit im Vorfeld gefasste Beschluss, die Fusion von 1936 nicht wieder rückgängig zu machen. Sie sollte vielmehr Bestand haben und der Allgemeine Bürgerschützenverein alle zwei Jahre ein Schützenfest feiern. Dabei ist es bis heute geblieben.

Dr. Volker Tschuschke,
kult – Westmünsterland